Ek Balam – Der schwarze Jaguar
Ek Balam ist eine antike Mayastadt im Nordosten der Yucatán-Halbinsel. Man erreicht sie von Valladolid kommend auf der Bundesstrasse MX295, die in Richtung Tizimín und weiter nach Rio Lagartos führt. Die Entfernung von Valladolid aus beträgt etwa 30 km. Wenige Kilometer hinter der Ortschaft Temozón biegt man nach rechts (Osten) ab und erreicht nach ungefähr 2 weiteren Kilometern die Mayastätte.
Normalerweise wird der Name Ek Balam als „Der schwarze Jaguar“ übersetzt. In yukatekischem Maya bedeutet Ek schwarz und Balam Jaguar. Ek‘ kommt aber auch in der Bedeutung „Stern“ vor, so dass eine Bedeutung wie Sternjaguar oder funkelnder Jaguar möglich wäre.
Inhalt
Erforschung
Die erste Erwähnung von Ek Balam stammt aus kolonialer Zeit. 1579 notierte der Konquistador Juan Gutierrez, dem man das Gebiet Tiquibalan (Ek Balam), mit mehreren Ortschaften zur Verwaltung übergeben hatte, in der „Relación de Ek Balam“, dass die Stadt von einem Herrscher namens Ek Balam gegründet worden sei.
Der erste europäische Besucher in Ek Balam war der französische Anthropologe und Fotograf Desiré Charnay, der 1882 die ersten Fotografien der Ruinen veröffentlichte. Mehr als hundert Jahre später begann man dann 1984 die Mayastätte gezielt zu untersuchen und zu vermessen.
Geschichte von Ek Balam
Die frühesten Siedlungsspuren in dem Gebiet datieren auf eine Zeit von etwa 200 bis 300 v.Chr. in die präklassische Ära. Die Blütezeit der Stadt war während der klassischen Periode in der Zeit von 700 bis 900 n.Chr. In diesem Zeitraum wurden die großen Monumente errichtet. Auch später war die Stadt noch besiedelt, was sich an mehreren kleinen Bauerwerken erkennen lässt, die in diesem Zeitraum errichtet wurden. Der eigentliche Niedergang erfolgte ab etwa 1200. Allerdings war Ek Balam noch bis ins 16. Jahrhundert bewohnt.
Der nur aus Mythen bekannte Stadtgründer Ek Balam soll aus dem Osten, also von der Karibikküste gekommen sein. Seine Herrschaft dauerte 40 Jahre, bis er einem Mordanschlag zum Opfer fiel.
Eine besondere Stellung auf der nördlichen Yucatan-Halbinsel nimmt Ek Balam in Bezug auf die Menge erhalten gebliebener Inschriften ein. Verglichen mit anderen Städten der Region hat Ek Balam einen bei weitem umfangreicheren Korpus an Inschriften zu bieten und erlaubt so einen zumindest teilweisen Einblick in die Geschichte der Stadt und seiner Herrscher, der einem in anderen, vergleichbaren Mayastädten in diesem Gebiet leider versagt bleibt.
Aus den Inschriften sind verschiedene Herrscher bekannt. Der am besten bekannte und in den Inschriften zuerst erwähnte Ahau (König oder Herrscher), war Ukit Kan Le‘k Tok‘ (der Vater der vier Feuersteinklingen?). Er wird in den Inschriften auch als Herrscher über das Königreich Talol bezeichnet. Über dieses Königreich ist nur wenig bekannt doch scheint es von seiner Hauptstadt Ek Balam aus, einen großen Teil des nördlichen Yucatán kontrolliert zu haben.
Ukit Kan Le’k Tok‘ regierte 30 Jahre lang, von 770 bis etwa 802. Die meisten Bautätigkeiten gehen auf seine Regierungszeit zurück. Von seinen Nachfolgern wurde er als Begründer der Dynastie angesehen und verehrt. Sein Grab und seine sterblichen Überreste mit den Grabbeigaben wurde unversehrt im Inneren der Akroplis, dem größten Gebäude in Ek Balam entdeckt.
Bei einer Untersuchung der Schädelknochen wurde festgestellt, dass Ukit Kan Le’k Tok‘ unter einer starken Verformung des Kiefers gelitten hat, die auch zu einer Mißbildung seines Äußeren geführt haben muss. Eine figurale Abbildung auf einem Deckstein seines Grabes, die ihn als Maisgott darstellt scheint diesem Umstand Rechnung zu tragen.
K’an B’ohb‘ Tok‘: eine Inschrift mit der Jahreszahl 8. Juni 814 erwähnt ihn als Nachfolger von Ukit Kan Le’k Tok‘.
Ukit Jol Ahkul wird in einer zeremonialen Inschrift mit einem Datum des Jahres 830 erwähnt. Das genaue Ende seiner Regentschaft ist unklar.
K’inich Junpik Tok‘ K’uh …nal der Name dieses Herrschers ist nur teilweise erhalten. Allerdings gibt es in Chichen Itzá eine Inschrift die auf einen Herrscher in Ek Balam verweist. Sollte es sich dabei um dieselbe Person handeln, dann wäre die Zeit der Regentschaft von mindestens 840 bis 870 gewesen und mit einer Dauer von 30 Jahren eine relativ lange Zeit. Kinich wird normalerweise als Herrschertitel interpretiert, kann aber auch je nach Interpretation der Schriftzeichen mit „scharf“ übersetzt werden. In Zusammenhang mit dem Rest des Namens, Junpik Tok‘, würde das dann entweder „8000 scharfe Feuersteine“ bedeuten oder „Herr 8000 Feuersteine“.
Während der postklassischen Periode etwa ab 1440 übernahm das Herrschergeschlecht der Cupul die Macht in Ek Balam. Sie regierten das gleichnamige Fürstentum, in dessen Herrschaftsbereich auch das zu diesem Zeitpunkt nur noch als Wallfahrtsort dienende Chichen Itzá lag.
Cupul war nicht nur das größte der Fürstentümer der Maya während der Postklassik, sondern auch das bevölkerungsreichste in Nord-Yucatán und Bestand auch noch bei der Ankunft der Spanier.
Beschreibung von Ek Balam
Das gesamte bewohnte Stadtgebiet Ek Balam’s umfasste eine Fläche von etwa 15 Quadratkilometern und dürfte 18000 Menschen beherbergt haben. Das eigentliche Zentrum der Stadt, das der religiösen und weltlichen Machtausübung diente, mißt etwa 1,5 Quadratkilometer. Dieses Stadtzentrum ist auch der Teil der Stadt, der von Touristen besichtigt werden kann.
Er ist von zwei konzentrisch angelegten Ringmauern umgeben. Man hat insgesamt fünf Prozessionsstrassen festgestellt, von denen jeweils eine nach Norden, Osten und Westen und die beiden anderen nach Süden aus der Stadt herausführen.
Es werden zwei Plätze oder Plazas unterschieden. Der größere Nordplatz, Plaza Norte, wird von der Akropolis und den Strukturen I und II eingerahmt. Der kleinere Südplatz, die Plaza Sur, befindet sich südlich des Ballspielplatzes. Hier finden sich der ovale Palast, die Zwillinge und die Struktur X. Neben dem ovalen Palast schließt sich das Prozessionstor direkt neben dem Eingang dieser Gebäudegruppe an.
Die Monumente von Ek Balam
Der Nordplatz
Die Akropolis
Das größte Gebäude in Ek Balam ist die am Nordplatz gelegene, alles überragende “Akropolis”. Der ursprüngliche Name dieses Bauwerks scheint Sac Xoc Naah gewesen zu sein. Sac bedeutet weiß und Naah bedeutet Haus in yukatekischem Maya. Bei dem Wort Xok gehen die Interpretationen der Bedeutung wieder auseinander. Das weiße Haus des Zählens oder Lesens scheint am weitesten verbreitet zu sein. Es könnte aber auch „Das weiße Haus des Gehorsams“ oder „Respekts“ bedeutet haben. „Weiß“ deutet darauf hin, dass der Kalkputz, mit dem das Gebäude ursprünglich bedeckt war, nicht wie man das von anderen Orten kennt, farbig bemalt wurde, sondern in seiner ursprünglichen Farbe belassen wurde.
Mit einer Länge von 160 m, einer Breite von 70 m und einer Höhe von 31 m ist diese Pyramide wegen ihres Volumens definitiv eine der größten Pyramiden der nördlichen Yucatán-Halbinsel und kann in diesem Gebiet bestenfalls mit der Pyramide Kinich Kak Moo in Izamal verglichen werden.
Das Monument besteht aus sechs Ebenen. Insgesamt 72 Räume, die in das Gebäude hinein gebaut wurden, wurden bisher bei Ausgrabungsarbeiten festgestellt.
Auf der Südseite führt eine steile Treppe bis hinauf zur 6. Ebene, die ursprünglich von einem kleinen, nicht erhaltenen Tempel gekrönt war.
Links und rechts an der Basis der Treppe finden sich zwei der Hieroglyphentexte, die Ukit Kan Le’k Tok als den Erbauer der Akropolis und auch als Herrscher von Talol bezeichnen.
Auf halber Höhe und links der Treppe befindet sich das beeindruckende Schlangenmaultor mit dem riesigen und hervorragend instand gesetzten Stuckfries im Chenesstil. Das Besondere an dem Fries sind die als Vollplastik gestalteten menschlichen Figuren. Zum Entzücken aller Esoteriker ähnelt eine dieser anthropomorphen Figuren dank eines Flügelpaares einem Engel. Das Schlangenmaul dachten sich die Maya als Zugang zur Unterwelt.
In dem dahinter liegenden Raum entdeckten die Archäologen das Grab des Herrschers Ukit Kan Le’k Tok. Zu seinen Lebzeiten diente der Raum möglicherweise als Raum für die Regierung oder Thronsaal. Mit ihm begraben fand man 21 Keramikgefäße und mehr als 7000 Schmuckstücke aus Jade, Muscheln Pyrit oder Knochen. Unter den Grabbeigaben befand sich auch ein goldener Frosch und 3 Perlen.
Inschriften besagen, dass Ukit Kan Le’k Tok die Konstruktion dieser Pyramide während seiner Regierungszeit in den Jahren 770 bis 801 n. Chr. in Auftrag gab. Man nimmt an, dass die Darstellung des Maisgottes auf einem Deckstein des Grabgewölbes den Herrscher selber und auch seinen deformierten Kiefer abbildet, den ich weiter oben erwähnt hatte.
Die hervorragende Erhaltung des Frieses ist darauf zurückzuführen, dass es schon sehr früh in der Geschichte Ek Balams sorgfältig abgedeckt und sozusagen versteckt wurde.
Die Strukturen 2 und 3
Von den südlichen Ecken der Akropolis im rechten Winkel nach Süden verlaufend, befinden sich die sich gegenüberliegenden Strukturen II und III. Mit 110 und 80 Metern Länge und Höhen um die 20 Meter, können sie durchaus mit der Akropolis verglichen werden. Beide Strukturen sind allerdings in nicht-restauriertem Zustand und wurden bisher auch noch nicht archäologisch untersucht.
Der Südplatz
Der Ballspielplatz
Der Ballspielplatz trennt den Nordplatz von seinem südlichen Pendant. Man hat hier gut erhaltene Wandmalereien entdeckt, diese später aber wieder verdeckt, um sie nicht den Witterungseinflüssen auszusetzen. Eine Inschrift besagt, dass dieses Monument 841 fertig gestellt wurde.
Der ovale Palast
Der „ovale Palast“ bietet von seiner oberen Plattform aus einen guten Blick auf die Akropolis. Es wurden drei Bauphasen festgestellt. Dabei wurden mehrere ovale Baukörper übereinander gebaut. Später wurden zehn Räume an die Seiten dieser Struktur angebaut, plus zwei weitere auf einer der oberen Ebenen. Es scheint so zu sein, dass diese Räüme als Wohnungen genutzt wurden. In einem letzten Schritt wurde auf der obersten Ebene ein kleiner Tempel errichtet.
Die Zwillinge
Dabei handelt es sich nicht um sich gegenüberliegende Zwillingspyramiden, wie man sie in Tikal gefunden hat, sondern um zwei identische nebeneinander errichtete Pyramiden. Ihre Errichtung wird auf das späte 9. Jahrhundert datiert. Es gibt die Theorie, wonach diese beiden Monumente der Ahnenverehrung gedient haben.
Der Eingangsbogen
Das Gebäude mit dem Namen „Eingangsbogen“ ist ein sehr spezielles Bauwerk. Eventuell handelt es sich dabei um ein Stadttor das sich nach vier Seiten öffnet. Möglich auch, dass es als Triumphbogen oder für religiöse Prozessionen gedient hat. Auf zwei sich jeweils gegenüberliegenden Seiten führen Treppen ins Innere, auf den beiden anderen Seiten sind Rampen angebracht. Das Dach mit einem falschen, gekreuzten Gewölbe konnte rekonstruiert werden und ist wohl einzigartig in der Welt der Maya.
Die Ringmauern
Bei den Ringmauern scheint es sich tatsächlich um Verteidigungsanlagen gehandelt zu haben und nicht, wie man zeitweise angenommen hat, um eine Gebilde mit zeremoniellem Aspekt. Auch andere Städte, etwa Tulum, waren von einer Wallanlage umgeben. Neben den großen äußeren Mauern, hat man im Inneren der Stadtanlage weitere, wenn auch kleinere Mauern, die zu Verteidigungszwecken gedient haben dürften, festgestellt. Eine Wandgemälde im Kriegertempel von Chichén Itzá zeigt einen Angriff von Mayakriegern auf eine von einer Ringanlage umschlossenen Stadt. Der Name der angegriffenen Stadt wird dort zwar nicht erwähnt, das Gemälde könnte aber sehr wohl die Eroberung Ek Balams durch Truppen aus Chichen Itzá darstellen. Auf jeden Fall stellt es eindringlich dar, wie wichtig die Verteidigungsfähigkeit gewesen sein dürfte.
Reisetipp
Am bequemsten ist es zweifellos, wenn man sich für den Besuch von Ek Balam eine Unterkunft dort in der Nähe oder in Valladolid sucht. Aber auch von der Riviera Maya aus kann man den Trip an einem Tag wagen.
Ich habe den Besuch von Ek Balam und Valladolid mit einem Besuch von Tulum und Cobá kombiniert. Dazu habe ich einen mehrtägigen Aufenthalt in Tulum eingelegt und bin am frühen Morgen mit dem Bus nach Valladolid gefahren. Die Fahrt dauerte etwa zwei Stunden.
Von Valladolid aus kann man mit einem Collectivo, einem Sammeltaxi, nach Ek Balam gelangen. Eine andere Möglichkeit wäre es, Valladolid als Übernachtungspunkt zu wählen und von hier aus nach der Besichtigung Ek Balams nach Chichén Itzá weiter zu reisen.
Valladolid ist eine sehr angenehme Stadt mit freundlichen Menschen und Häusern im spanisch-kolonialen Stil. Außerdem kann man hier günstig einkaufen, weil Valladolid nicht viele Touristen anzieht. Dadurch sind die meisten Preise moderat.
Wer Lust auf Natur hat, der kann von Valladolid aus auch einen Trip nach Rio Lagartos unternehmen. Das dortige Naturschutzgebiet mit seinen ursprünglichen Mangrovenwäldern an der Golfküste, beherbergt eine hohe Anzahl karibischer Flamingos, deren rosa Farbe einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Rio Lagartos erreicht man von Valladolid binnen einer Autostunde über die am Anfang erwähnte Bundesstrasse MX295.
Empfehlenwert
Fotografien von Desiré Charnay in der französischen Nationalbibliothek
Der Corpus der Inschriften von Ek Balam zusammengestellt von Alfonso Lacadena García-Gallo (pdf)
Links zu Google Maps: