Der Mayakalender -Teil 2 – Haab, das Sonnenjahr

Der Artikel „Der Mayakalender“ ist ein Auszug aus der zweiten Auflage meines Buchs Die Ruinenstädte der Maya,  einem Reiseführer zu den wichtigsten Mayastätten auf der Yucatán-Halbinsel in México und Guatemala. Die 2. Auflage wird im Herbst 2017 erscheinen.

Der Mayakalender – Teil 1 – Einführung
Der Mayakalender – Teil 2 – Haab, das Sonnenjahr
Der Mayakalender – Teil 3 – Tzolkin, der sakrale Kalender
Der Mayakalender – Teil 4 – Die Kalenderrunde
Der Mayakalender – Teil 5 – Die lange Zählung
Der Mayakalender – Teil 6 – Zahlen und das Vigesimalsystem
Der Mayakalender – Teil 7 – Datum und Zahl in den Inschriften

Haab – Das Sonnenjahr

Der Kalender, der mit unserem solaren Kalender am ehesten vergleichbar ist, ist der „Haab“ genannte Kalender. Das Wort aus dem yukatekischen Maya, dem Mayathan, bedeutet ganz einfach Jahr.  Dieser Kalender ist, genau wie unser gregorianischer Kalender, am Sonnenjahr ausgerichtet und dauert 365 Tage.

Der ursprüngliche Sinn und Zweck des Haab-Kalenders war es die immer wiederkehrenden Ereignisse, die im Leben der Maya eine Rolle spielten, vorhersagen bzw. in die Planung des täglichen Leben einbeziehen zu können. Aussaat und Ernte, Trocken- oder Regenzeiten oder auch Zeitpunkte für den Beginn der Jagdsaison oder das Einsammeln von Honig, wurden durch den Haabkalender angezeigt.

De Landa beschreibt in seinem Buch zahlreiche Zeremonien, Rituale und Feste, die in den verschiedenen Zeitabschnitten von der Mayabevölkerung unter Anleitung ihrer Priester durchgeführt wurden.

Der Haab-Kalender ist ähnlich unserem Kalender in Monate eingeteilt. Diese Monate heißen auf Mayathan Uinal.  Jeder Uinal-Zeitabschnitt ist allerdings nur 20 Tage lang. Deshalb benötigt man 18 Uinal um das Jahr aufzufüllen. Man erhält so zunächst einmal 360 Tage.

Die restlichen 5 Tage werden Wayab genannt, die namenlosen Tage, und am Ende als eigenständige Periode angefügt. Damit sind die 365 Tage des Sonnenjahres erreicht.

Die nachstehende Tabelle zeigt die Monate in ihrer Reihenfolge, mit dem dafür verwendeten Symbol. Die Bedeutung, die ich hinzugefügt habe gehen auf die Aufzeichnungen de Landas zurück, der einzelne dieser Monate und ihre Zeremonien detailliert beschrieben hat. Manche hat er aber auch völlig ignoriert hat und keine Anmerkungen dazu überliefert..

Gewöhnlich verwendet man die Monatsbezeichnung, die während der Kolonialzeit in Yucatán noch in Gebrauch war und ebenfalls von De Landa überliefert wurde. Inzwischen kennt man aber auch die in den Inschriften der klassischen Zeit verwendeten Namen in der dabei verwendeten Mayasprache Cholan.

Nummer

Monat

Übersetzung

Cholan

0

Pop

Matte

K’anjalab

0-pop

Symbol für Gemeinschaft und Heirat. Der erste Monat des Jahres. Nach einer ausgedehnten Fastenzeit von mindestens 13 Tagen begann das Jahr mit einem Neujahrsfest.


1

Uo

Frosch

Ik’at

Dem Gott Itzamna geweiht, dem Gott der Magie, Medizin und der Priester. Zeremonien wurden durch Fastenzeit eingeleitet, betrafen vor allem die Priester und Medizinmänner.


2

Zip

Rote Konjunktion oder Hirsch

Chak’at

2-zip

Dieser Monat war vermutlich dem Gott der Jagd, Zip geweiht. Jäger und Fischer führten bestimmte Zeremonien durch und fasteten.


3

Zotz

Fledermaus

Sutz‘

3-zotz

In diesem Monat begannen die Imker damit die Zeremonien für den nächsten Monat vorzubereiten.


4

Tzec

Tod

Kasew

4-tzec

In diesem Monat fanden die Zeremonien der Bienenzüchter statt.


5

Xul

Hund

Chikin

5-xul

Im Monat Xul feierte man zu Ehren von Kukulkan das Fest „Chicc Chaban“. Komödianten zogen von Haus zu Haus und sammelten Spenden für die Tempel.


6

Yaxkin

Neue Sonne

Yax K’in

6-Yaxkin

Zeit für Vorbereitungen. Instrumente wurden gereinigt und Gegenstände wurden mit blauer Farbe bemalt. Kinder erhielten 9 leichte Schläge auf die Knöchel, damit sie genauso geschickte Handwerker wie ihre Eltern würden.


7

Mol

Wasser

Mol

7-mol

Mit viel Sorgfalt wurden in diesem Monat neue Abbilder der Götter aus Holz geschnitzt. Die Aktivitäten waren von Blutritualen begleitet.


8

Chen

Höhle oder Quelle

Ik’Sijom

8-Chen

In diesem Monat wurden die im vorhergehenden Monat erschaffenen Götterbilder in die Tempel gebracht und gesegnet.


9

Yax

Grün

Yax Sijom

9-yax

Im Monat Yax oder im Monat Chen wurde ein Fest namens Ocná, zur Erneuerung des Tempels gefeiert. Tönerne Götterbilder wurden erneuert.


10

Zak

Weiß

Sak Sijom

10-zak

In diesem Monat feierten die Jäger ein zweites Fest, um die Götter für das vergossene Blut zu besänftigen.


11

Keh

Rot oder Hirsch

Chak Sijom

11-keh

Zu diesem Monat hat De Landa keine Aufzeichnungen hinterlassen.


12

Mac

Bedeckt

Mak

12-mac

Die Ältesten der Gemeinde brachten Tiere, die sie gefangen hatten zur Spitze des Tempels, wo die Tierherzen in einer Zeremonie verbrannt wurden. Die Feuer löschte man mit Wasser aus Krügen, die den Regengöttern geweiht waren.


13

Kankin

Gelbe Sonne

Uniw

13-kankin

Auch für diesen Monat hat Diego de Landa keine Aufzeichnungen hinterlassen.


14

Muwan

Eule

Muwan

14-muwan

In diesem Monat wurden von den Besitzern von Kakaoplantagen Dankzeremonien abgehalten. Iguanas und Hunde wurden geopfert.


15

Pax

Pflanzzeit

Paxil

15-pax

Ein Monat, der den Kriegern gewidmet war. Es wurden Hunde geopfert und zukünftiges Kriegsglück weisgesagt.


16

Kayab

Schildkröte

K’anasiy

Auch für diesen Monat hat Diego de Landa keine Aufzeichnungen hinterlassen.


17

Kumku

Maisspeicher, reifer Mais

Hul Ol

17-kumku

Auch für diesen Monat hat Diego de Landa keine Aufzeichnungen hinterlassen.


18

Wayeb

Die fünf „namenlosen“ Tage

Uway Hab

18-wayeb

In diesem nur 5 Tage währenden Monat wurden keine Unternehmungen gestartet. Man blieb zu Hause, weil man annahm, dass diese Tage Unglück bringen würden.


Die einzelnen 20 Tage des Monats dann, werden mit den Zahlen 0 bis 19 bezeichnet.

7 Pop oder 14 Zip sind also bestimmte Tage im Mayakalender, wie etwa 1. August oder 24. Dezember für uns. Das Mayathan-Wort für Tag ist Kin.

Das Maya-Jahr im Haab-Kalender beginnt mit dem Datum 0 Pop. Laut den Aufzeichnungen Diego de Landas war das immer am 16. Juli (julianisch) bzw. am 26. Juli (gregorianisch), denn zur Zeit Diego de Landas galt noch der julianische Kalender.

An diesem Punkt täuscht sich De Landa aber womöglich. Laut seinem Bericht verwendeten die Maya eine Kalenderkorrektur, die er als Schaltjahr bezeichnet und die entsprechend unserem Schaltjahr alle 4 Jahre vorgenommen wurde.

Schaltjahr?

Durch dieses Schaltjahr hätte das Maya-Jahr im Haab-Kalender tatsächlich immer am gleichen Tag begonnen. Der Wahrheitsgehalt dieser Aussage wird aber von der modernen Mayaforschung in Zweifel gezogen, weil sich so die weiter unten angeführte Synchronisation der verschiedenen Kalender, wie sie in den Inschriften verwendet wurden nicht erklären ließe. Sie gehen davon aus, dass die Maya zumindest in der Zeit in der die Inschriften entstanden kein Schaltjahr verwendet haben.

Dadurch hätte sich dann der Anfang des Mayajahres alle 4 Jahre um einen Tag nach vorne verschoben.

Es bleibt also ein Rätsel. Möglicherweise hatten die Maya zu der Zeit als Diego de Landa seine Aufzeichnungen machte ihren Kalender einer „Kalenderreform“ unterzogen, so wie das auch beim Wechsel vom Julianischen zum Gregorianischen Kalendersystem in Europa der Fall war. Immerhin liegen zwischen den letzten klassischen Inschriften und der Eroberung durch die Spanier mehr als 600 Jahre über die man nur spärlich informiert ist.

>>> Weiter geht es mit:  Der Mayakalender – Teil 3 -Tzolkin, der sakrale Kalender

Christian Schoen

Christian Schoen ist Weltenbummler, Reiseschriftsteller und Autor des erfolgreichen Reiseführers "Die Ruinenstädte der Maya". Er liebt es Tempel, Pyramiden und sonstige alte Gemäuer zu besichtigen, wozu er auch abenteuerliche Wanderungen durch tropische Dschungellandschaften in Kauf nimmt. Immer dabei hat er seine Spiegelreflexkamera, um das vor Ort gesehene auch seinen Lesern vorstellen zu können. Aber im Schwarzwald kann man ihn auch manchmal antreffen.